Definition Projekt

Puristen unter den Projektmanagern betrachten ihre Disziplin immer noch als eigenständiges Wissensgebiet, das nichts mit Prozessmanagement zu tun hat, und beziehen sich auf die DIN 69901, die ein Projekt definiert als

„Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen
in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B.
– Zielvorgabe
– zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen
– Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben
– projektspezifische Organisation“.

Diese Definition ist zweifelhaft, denn der Begriff "Vorhaben" bedeutet: Vorhaben - etwas, das man zu tun beabsichtigt, also noch nicht tut.

Das amerikanische Project Management Institute - PMI definiert in seinem Project Management Body of Knowledge (PMBOK):

A project is a temporary endeavor undertaken to create a unique product or service,

wobei man endeavor sinnvollerweise als “Unternehmen” übersetzt. Es gibt aber auch andere Projekte, wie z. B. eine Himalaya-Expedition, bei denen weder ein Produkt noch eine Dienstleistung entsteht.

Aber siehe da: Was auch in EN ISO 9001-zertifizierten Unternehmen nicht allgemein bekannt ist, steht in der EN ISO 9000 :

einmaliger Prozess, der aus einem Satz von abgestimmten und gelenkten Tätigkeiten mit Anfangs- und Endtermin besteht und durchgeführt wird, um unter Berücksichtigung von Zwängen bezüglich Zeit, Kosten und Ressourcen ein Ziel zu erreichen, das spezifische Anforderungen erfüllt.

Diese Definition ist auf betriebswirtschaftliche Bedürfnisse zugeschnitten, lässt sich aber verallgemeinern, wenn man ein paar zusätzliche Überlegungen anstellt.

Einmaligkeit bedeutet nach Duden „nur ein einziges Mal vorkommend“.

Trotzdem spricht man von einem Bauprojekt, wenn ein Fertighaus zum x-ten Mal errichtet wird, mit neuen Bauherrn, also neuen Stakeholdern, einer anderen Innenausstattung, auf einem Grundstück mit spezifischen Eigenschaften, neuem Inhalt und neuen Randbedingungen.

In der Automobilindustrie wurden schon viele Kraftfahrzeuge entwickelt, der Prozess an sich sollte also bekannt sein. Die Ausgangsgrösse ist aber neu.

Es gibt weltweit schon viele U-Bahnen, wenn man aber in einem erdbebengefährdeten Gebiet, wie z. B. in Teheran, eine U-Bahn baut, dann sind die geologischen Randbedingungen neu.

Es sind auch schon viele festliche Menüs angerichtet worden. Für einen unerfahrenen Koch ist die Zubereitung eines 5-Gänge-Menüs für zehn Personen ein hochkomplexes Projekt, während es für einen 2-Sterne-Koch ein „Standard“-Prozess ist. Das Einmalige wäre in diesem Fall, dass es der im wahrsten Sinne direkt Betroffene noch nie vorher gemacht hat.

Aus diesem Grunde ist die Neuartigkeit und nicht die Einmaligkeit das bestimmende Kriterium. Neuartigkeit heißt, dass ein wesentliches Merkmal des Prozesses neu ist.

Hinterfragenswert ist auch die Aussage "mit Anfangs- und Endtermin". Eigentlich beginnt ein Projekt mit einer Projektidee. Zu diesem Zeitpunkt ist aber i. A. noch nicht abzusehen, ob und wann der angestrebte Endzustand, das Ziel, erreicht werden kann! Das Ziel eines Hausbauprojektes ist sicherlich die Bezugsfertigkeit des Hauses. Der Endtermin lässt sich erst nach Klärung der Finanzierung, der Beschaffung des eventuell benötigten Grundstückes, der Ausstattung, ...., der Entscheidung für ein Bauunternehmen, dem Bauauftrag feststellen.

Der Endtermin steht - wie auch die DGQ erläutert - erst nach der Planung (einigermassen) fest, weshalb er nicht Bestandteil der Definition sein kann.

Dasselbe gilt für die Zwänge! Einem Milliardär dürfte es relativ egal sein, wieviel eine neue Villa an der Côte d'Azur kostet. Zeit und Ressourcen sind höchstens ein Thema für den Bauunternehmer!

Die Definition nach EN ISO 9000 bezieht sich also offensichtlich auf die Realisierung eines bereits geplanten Projektes und kann nicht allgemein gültig sein!!!!!